Steigende Kosten bringen Brandenburgs Pferdehöfe in Bedrängnis
Steigende Kosten bringen Brandenburgs Pferdehöfe in Bedrängnis, Pixabay/Foto illustrativ

In Brandenburg und Berlin leben derzeit mindestens 34.800 Pferde, die bei der Tierseuchenkasse registriert sind. Für sie müssen Stallplätze, Futter, Wasser und tierärztliche Versorgung bereitgestellt werden. Doch genau diese Grundbedürfnisse verursachen inzwischen enorme finanzielle Belastungen. Steigende Preise für Energie, Futter, Personal und tierärztliche Leistungen bringen viele Pferdehofbetreiber an ihre Grenzen.

Inhaltsverzeichnis:

Gidon Wolf und der steigende Kostendruck auf dem Schäferhof

Auf dem „Schäferhof“ in Bergholz-Rehbrücke, Landkreis Potsdam-Mittelmark, leben rund 120 Pferde. 70 davon gehören zum Betrieb und werden im Reitschulunterricht eingesetzt. Betreiber Gidon Wolf und seine Frau Christina Schäfer führen den Hof seit vielen Jahren. Wolf berichtet, dass sich die Gesamtkosten innerhalb von zehn Jahren um über 50 Prozent erhöht haben.

Die Preissteigerungen betreffen nahezu alle Bereiche:

  • Personalkosten steigen kontinuierlich.
  • Heu- und Strohpreise schwanken stark, oft mit Tendenz nach oben.
  • Die Entsorgung von Mist ist erheblich teurer geworden.
  • Auch Strom und Handwerkerleistungen belasten das Budget.

Für eine einfache Box müssen Pferdebesitzer heute etwa 700 Euro im Monat zahlen – vor fünf Jahren waren es noch 500 Euro. Wolf betont, dass trotz Preiserhöhungen die wirtschaftliche Situation angespannt bleibt. „Man kann es sich kaum leisten, den Hof nur mit Pensionspferden zu betreiben“, erklärt er.

Claudia Pigorsch und die finanziellen Folgen für Reitschüler

Auch Claudia Pigorsch von der Ponyfarm „Gutengermendorf“ im Löwenberger Land sieht sich gezwungen, die Preise anzupassen. Das Abteilungsreiten kostet inzwischen 85 Euro statt 65 Euro im Monat. Der Grund sind massiv gestiegene Betriebskosten.

Die Ponyfarm hält etwa 70 Ponys, die für Unterricht und Ferienprogramme eingesetzt werden. Die höhere Belastung zeigt Wirkung:

  • Kinder reiten seltener, oft nur einmal pro Woche.
  • Die Talentförderung leidet.
  • Der Arbeitsaufwand für das Personal steigt, um die Einnahmen stabil zu halten.

Pigorsch berichtet, dass sich die Nachfrage nach Ferienangeboten zwar hält, aber die Wirtschaftlichkeit dennoch problematisch bleibt. „Wir müssen deutlich mehr Stunden arbeiten, um das gleiche Einkommen zu erzielen wie vor einigen Jahren“, erklärt sie.

Jeanette Heisig und die Belastung durch Tierarztkosten

Auf der Reitanlage von Jeanette Heisig in Berlin-Buch leben etwa 30 Pferde. Eine Einzelreitstunde kostet dort 50 Euro. Der Betrag deckt alle notwendigen Ausgaben, darunter:

  1. Lohn und Steuern,
  2. Versicherungen für Mensch und Tier,
  3. Instandhaltung der Reitanlage.

Heisig macht deutlich, dass Reitunterricht nur mit diesen Preisen überlebensfähig bleibt. Trotzdem sei die Gewinnmarge gering.

Besonders teuer sind Tierarztkosten. Die Gebührenordnung für Tierärzte wurde 2022 geändert, was Behandlungen deutlich verteuerte. Viele Pferdebesitzer geraten dadurch in Not. Ihre Haflingerstute Blondie erhielt sie kostenlos, weil die Vorbesitzer die medizinische Versorgung nicht bezahlen konnten.

Auch Claudia Pigorsch bestätigt diesen Trend. „Die Tierarztkosten sind inzwischen mein größter Ausgabenposten“, sagt sie. Muss ein Pony in die Klinik, ist das finanziell kaum zu bewältigen.

Der Dorettenhof in Templin und die Pferdeklappe

Eine besonders drastische Folge zeigt sich im „Dorettenhof“ in Templin, Uckermark. Dort existiert eine sogenannte Pferdeklappe, bei der Tierhalter ihre Pferde anonym abgeben können. Inzwischen herrscht Aufnahmestopp, weil zu viele Menschen ihre Tiere abgeben müssen. Viele Pferde kommen in schlechtem Zustand an.

Diese Entwicklung verdeutlicht, wie stark die wirtschaftliche Belastung auf Besitzer und Betreiber drückt. Für viele ist die Pferdehaltung kein Hobby mehr, sondern eine existenzielle Herausforderung.

Martin Otto und die wirtschaftliche Realität der Betriebe

Laut Martin Otto von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) gibt es in Brandenburg etwa 600 Reiterhöfe. Damit sich ein Hof trägt, braucht es im Durchschnitt 25 bis 30 Einstellpferde. Otto betont, dass viele Betreiber ihre eigene Arbeitskraft in der Kalkulation unterschätzen. Das führt zu Fehleinschätzungen und finanziellen Engpässen.

Gidon Wolf bestätigt, dass Personal der größte Kostenfaktor ist. Faire Löhne für schwere Stallarbeit seien unverzichtbar, doch sie verschärfen die wirtschaftliche Lage. Auch Jeanette Heisig aus Berlin-Buch bestätigt, dass sich Pensionsbetriebe kaum lohnen.

Ein Beispiel liefert Manuela aus Berlin. Die Rentnerin erfüllt sich vor zehn Jahren den Traum vom eigenen Pferd. Damals zahlte sie 300 Euro Stallmiete, heute 500 Euro. Mit ihrer Rente allein kann sie das nicht mehr finanzieren. Sie arbeitet zusätzlich, um das Tier zu behalten. „Heute würde ich mir kein Pferd mehr kaufen“, sagt sie offen.

Steigende Preise verändern den Pferdesport

Die Entwicklungen zeigen klar, dass der Pferdesport zunehmend zu einem Luxus wird. Während Vereinsbeiträge im Fußball meist bei 15 bis 20 Euro im Monat liegen, kostet eine Reitstunde schnell zwischen 20 und 75 Euro. Das Hobby bleibt damit vielen Familien verwehrt.

Pferde sind in Brandenburg ein bedeutender Teil der ländlichen Kultur. Doch die aktuelle Situation gefährdet diese Tradition. Wenn sich die Kosten weiter so entwickeln, wird die Pferdehaltung für viele Menschen unbezahlbar.

Quelle: Tagesschau